Foto/ Photo: Julia Rief

Das Team des Ludwig Forum Aachen trauert um den Gründungsdirektor Dr. Wolfgang Becker. Er ist am 28. November im Alter von 88 Jahren verstorben. 

Dr. Wolfgang Becker (1936 – 2024) gehörte als Mitinitiator sowie als legendärer Gründungsdirektor der Neuen Galerie – Sammlung Ludwig im Jahr 1970 und später des Ludwig Forum für Internationale Kunst 1991 in Aachen fraglos zu den wichtigsten Protagonist*innen der städtischen Kulturszene. Gemeinsam mit dem Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig machte er die Domstadt weit über die Euregio Maas-Rhein hinaus zu einem Mittelpunkt der zeitgenössischen Kunst. Durch sein außergewöhnliches Engagement und seine hohe Sensibilität für die Avantgarde förderte er internationale wie lokale Künstler*innen gleichermaßen und setzte neue Maßstäbe für die Aachener Museumsarbeit. Nicht nur kuratierte und organisierte er eine schier unermessliche Anzahl von Ausstellungen, dank ihm erhielt Aachen ein Fenster zur internationalen Kunstwelt.

„Ohne sein einzigartiges avanciertes wie interdisziplinäres Programm in der ehemaligen Schirmfabrik Emil Brauer wäre das Ludwig Forum zweifellos nicht zu dem geworden, was es heute ist. Schon als Gründungsdirektor setze Wolfgang Becker zahlreiche wichtige Impulse, die bis in die Gegenwart wirken. Die Gedanken unseres gesamten Museumteams, auch aller ehemaligen Kolleg*innen, sind bei seiner Familie“, so Eva Birkenstock, Direktorin des Ludwig Forum Aachen.

Von 1967 bis 1969 arbeitete Wolfgang Becker zunächst als künstlerischer Werbeleiter für die Stadt Köln, wo er Peter und Irene Ludwig kennenlernte, deren enger Wegbegleiter er wurde. Als Direktor der Neuen Galerie – Sammlung Ludwig im Alten Kurhaus in Aachen setze er bereits ein interdisziplinäres Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm um, in dessen Zentrum die Sammlung Ludwig und deren Neuerwerbungen standen. So war er u.a. maßgeblich für die ersten Ankäufe von Film- und Videoarbeiten verantwortlich, die den Grundstein des heutigen Bestands an Videokunst der Sammlung Ludwig legten. Ebenso arbeitete er daran mit, die Sammlung um Positionen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken sowie um Konvolute chinesischer und kubanischer Kunst zu ergänzen.

Als Gründungsdirektor des Ludwig Forum für Internationale Kunst aktivierte Becker ab 1991 das Museum an der Jülicher Straße als internationales Forum der Künste, dessen spartenübergreifendes Programm weit über die Grenzen der Stadt hinaus geschätzt wurde. Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2001 arbeitete mit internationalen ebenso wie mit Künstler*innen aus der Umgebung zusammen und realisierte erste Einzelpräsentationen mit u.a. Roy Lichtenstein, Duane Hanson, Barbara und Michael Leisgen, A.R. Penck, Georg Baselitz, On Kawara, Nancy Graves, Nan Goldin oder Keith Haring. Ebenso kuratierte er Gruppenausstellungen wie „Les Nouveaux Fauves – Die Neuen Wilden“ – deren Titel später zu einem prägnanten Begriff im kunstgeschichtlichen Diskurs werden sollte – und brachte gemeinsam mit Peter und Irene Ludwig die 5. Havanna Biennale 1994 nach Aachen.

English Version

The team of Ludwig Forum Aachen mourns the loss of founding director Dr. Wolfgang Becker. He passed away on November 28 at the age of 88. 

As co-initiator and founding director of the Neue Galerie – Sammlung Ludwig in 1970 and later of the Ludwig Forum for International Art in Aachen in 1991, Dr. Wolfgang Becker (1936 – 2024) was undoubtedly one of the most important protagonists of the city’s cultural scene. Together with the collector couple Peter and Irene Ludwig, he turned the city into a center of contemporary art far beyond the Euregio Meuse-Rhine area. With his extraordinary commitment and his high sensitivity for the avant-garde, he supported international and local artists alike and set new standards for Aachen’s cultural life and museums. Not only did he curate and organize an almost immeasurable number of exhibitions – with him, Aachen gained a window to the international art world.

“Without his unique, advanced and interdisciplinary program in the former Emil Brauer umbrella factory, the Ludwig Forum would undoubtedly not have become what it is today. As its founding director Wolfgang Becker provided numerous impulses that continue to have a crucial impact. The thoughts of our entire museum team, including all former colleagues, are with his family,” says Eva Birkenstock, Director of the Ludwig Forum Aachen.

From 1967 to 1969, Wolfgang Becker initially worked as artistic advertising manager for the city of Cologne, where he first met Peter and Irene Ludwig, with whom he would continue to work very closely. As director of the Neue Galerie – Sammlung Ludwig in the Altes Kurhaus in Aachen, he was already implementing an interdisciplinary exhibition, event and mediation program, which focused on the Ludwig Collection and its new acquisitions. Among other things, he was largely responsible for the first acquisitions of film and video works, which laid the foundation for the Ludwig Collection’s current holdings of video art, and was deeply involved in expanding the collection towards artworks from countries of the former Soviet Union, China, and Cuba.

As founding director of the Ludwig Forum for International Art, Becker activated the museum on Jülicher Strasse from 1991 onwards as an international forum for the arts, whose interdisciplinary program was appreciated far beyond the city’s borders. Until his retirement in 2001, he worked with both international and local artists and realized his first solo presentations with artists such as Roy Lichtenstein, Duane Hanson, Barbara and Michael Leisgen, A.R. Penck, Georg Baselitz, On Kawara, Nancy Graves, Nan Goldin and Keith Haring. He also curated group exhibitions such as “Les Nouveaux Fauves – Die Neuen Wilden” (The New Wild Ones) – the title of which would later become a concise term in art historical discourse – and brought, together with Peter and Irene Ludwig, the 5th Havana Biennial to the Ludwig Forum in 1994.

Eleonore de Montesquiou, Eksperiment Katya (Filmstill), 2020. Courtesy the artist.

Please scroll down for English Version

Einladung: Vortrag von Dr. Klara Kemp-Welch (Kunsthistorikerin, London)

Anlässlich unserer aktuellen Ausstellung Fragmente einer Wirklichkeit, die einmal war. Begegnungen mit der Ukraine in der Sammlung Ludwig, laden wir Sie herzlich zu einem Vortrag der Kunsthistorikerin Dr. Klara Kemp-Welch am Donnerstag, den 28.11.2024 um 19 Uhr in das Ludwig Forum Aachen ein. Mit Free Movement? Migration und Mobilität in Osteuropa durch die Linse der zeitgenössischen Kunst stellt Kemp-Welch ihre jüngsten Forschungen zu zeitgenössischen Künstler*innen vor, die sich mit Fragen der Migration und Mobilität im osteuropäischen Kontext beschäftigen. 

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Ihr
Ludwig Forum Aachen

Donnerstag, 28. November 2024, 19 Uhr
Free Movement? Migration und Mobilität in Osteuropa durch die Linse der zeitgenössischen Kunst
Vortrag von Dr. Klara Kemp-Welch, Kunsthistorikerin, Courtauld Institute of Art, London
Ort: Space, Ludwig Forum Aachen

Begrüßung: Holger Otten, Kurator, Ludwig Forum Aachen
Moderation: Galina Dekova, Forschungsvolontärin, Ludwig Forum Aachen und Kuratorin der Ausstellung Fragmente einer Wirklichkeit, die einmal war
Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

In ihrem Vortrag Free Movement? Migration und Mobilität in Osteuropa durch die Linse der zeitgenössischen Kunst stellt Dr. Klara Kemp-Welch ihre neuen Forschungen zu zeitgenössischen Künstler*innen vor, die sich mit Fragen der Migration und Mobilität — vor allem mit den Themen Arbeitsmobilität, Minderheitenerfahrung und Grenzpolitik — im osteuropäischen Kontext beschäftigen. Kemp-Welch argumentiert, dass Künstler*innen in einer einzigartigen Position sind, um die Komplexität der freien Mobilität zu untersuchen und kritische Einblicke in Osteuropa als soziale, wirtschaftliche und politische Frontlinie zu geben.

Dr. Klara Kemp-Welch ist Kunsthistorikerin und beschäftigt sich am Courtauld Institute of Art in London mit moderner und zeitgenössischer Kunst aus Osteuropa. Sie ist die Autorin von Antipolitics in Central European Art. Reticence as Dissidence under Post-Totalitarian Rule 1956-1989 (IB Tauris, 2014), Networking the Bloc. Experimental Art in Eastern Europe 1965-1981 (MIT Press, 2019) und zusammen mit Beata Hock und Jonathan Owen Mitherausgeberin von A Reader in East-Central European Modernism 1918-1956 (Courtauld Books Online, 2019). Derzeit arbeitet sie an einer Monografie über Migration und Mobilität in Osteuropa, betrachtet durch die Linse der zeitgenössischen Kunst.

Weitere Veranstaltungen im Ludwig Forum Aachen

Dienstag, 10. Dezember 2024, 18 Uhr
Zeigekunst: KuratorInnen als Zauberlehrlinge. Wie man hinsieht durch Wegsehen, wie man beginnt aufs Ende hin, wie man auf das zeigt, was nicht gezeigt wird
Vortrag von Bazon Brock
In Kooperation mit der RWTH Aachen

Sonntag, 15. Dezember 2024, 17 Uhr
Threnody for the KhoiSan
Konzert mit Garth Erasmus (Stimme, Alto Sax), Carina Khorkhordina (Trompete), Ruth May (Violine), Peter Thiessen (Cello), Stefan Schneider (Elektronik)

Führungen im Ludwig Forum Aachen

Donnerstag, 28. November 2024, 18 Uhr
Rune Mields / Gegenverkehr – mit Miriam Schmidt (kuratorische Assistentin)

Donnerstag, 5. Dezember 2024, 18 Uhr
Terrestrische Perspektiven – mit Lisa Oord (Kuratorin der Ausstellung)

English Version

Invitation: Lecture by Dr. Klara Kemp-Welch (art historian, London)

On the occasion of our current exhibition Fragments of a Reality That Once Was. Encounters with Ukraine in the Ludwig Collection, we cordially invite you to a lecture by art historian Dr. Klara Kemp-Welch on Thursday, November 28, 2024 at 7pm at Ludwig Forum Aachen. With Free Movement? Migration and Mobility in Eastern Europe through the Lens of Contemporary Art, Kemp-Welch will present her latest research on contemporary artists who work on questions relating to migration and mobility in the Eastern European context.

We are looking forward to seeing you at the Ludwig Forum!

Yours
Ludwig Forum Aachen

Thursday, November 28, 2024, 7pm
Free Movement? Migration and Mobility in Eastern Europe through the Lens of Contemporary Art
Lecture by Dr. Klara Kemp-Welch, art historian, Courtauld Institute of Art, London
Venue: Space, Ludwig Forum Aachen

Welcome: Holger Otten, curator, Ludwig Forum Aachen
Moderation: Galina Dekova, research trainee, Ludwig Forum Aachen and curator of the exhibition Fragments of a Reality That Once Was
The event will be held in English

In her lecture Free Movement? Migration and Mobility in Eastern Europe through the lens of contemporary art, Dr. Klara Kemp-Welch introduces her new research on contemporary artists who work on questions relating to migration and mobility in the East European context. It will be structured around the themes of labour mobility, minority experience, and border politics. Kemp-Welch will argue that artists are uniquely placed to examine the lived complexities of free movement and to offer critical insights into Eastern Europe as a social, economic and political frontline.

Dr. Klara Kemp-Welch is an art historian who works on modern and contemporary art from Eastern Europe at the Courtauld Institute of Art in London. She is the author of Antipolitics in Central European Art. Reticence as Dissidence under Post-Totalitarian Rule 1956-1989 (IB Tauris, 2014), Networking the Bloc. Experimental Art in Eastern Europe 1965-1981 (MIT Press, 2019) and co-editor of A Reader in East-Central European Modernism 1918-1956 together with Beata Hock and Jonathan Owen (Courtauld Books Online, 2019). She is currently completing a monograph on migration and mobility in Eastern Europe, as seen through the lens of contemporary art.

Further events at Ludwig Forum Aachen

Tuesday, December 10, 2024, 6pm
Zeigekunst: KuratorInnen als Zauberlehrlinge. Wie man hinsieht durch Wegsehen, wie man beginnt aufs Ende hin, wie man auf das zeigt, was nicht gezeigt wird
Lecture by Bazon Brock
In coopertion with RWTH Aachen

Sunday, December 15, 2024, 5pm
Threnody for the KhoiSan
Concert with Garth Erasmus (vioce, alto sax), Carina Khorkhordina (trumpet), Ruth May (violin), Peter Thiessen (cello), Stefan Schneider (electronics)

Guided tours at Ludwig Forum Aachen

Thursday, November 28, 2024, 6pm
Rune Mields / Gegenverkehr – with Miriam Schmidt (curatorial assistant)

Thursday, December 5, 2024, 6pm
Terrestrial Perspectives – with Lisa Oord (curator of the exhibition)